Was ist Vehicle to Home?
Besitzer von PV-Anlagen möchten gerne so viel wie möglich den selbst erzeugten Strom selbst verwenden und das geht am Besten mit einem PV-Speicher. Dann kann man auch nachts den günstigen Sonnenstrom selbst verbrauchen. Leiden sind solche Speicher sehr teuer und nicht selten ist das ein Aufpreis von 10.000€und mehr je nach Größe. Da kommt gleich die Frage: kann ich denn nicht die Riesen Batterie meines Fahrzeugs als Speicher verwenden.
Selbst wenn man keine PV Anlage besitzt, dann könnte man mit dynamische Stromtarife das Fahrzeug voll machen bei niedrigen Preisen und bei hohen Preisen den Strom vom Auto verbrauchen anstatt zu kaufen.
Was ist Vehicle to Grid?
Im Prinzip ist Vehicle to Grid das gleiche wie Vehicle to Home, aber es wird nicht nur so viel der Batterie entnommen wie das Haus benötigt, sondern deutlich mehr, so dass man auch Strom einspeist. Das ist vor allem dann sinnvoll, wenn das Land besonders viel auf Wind und PV setzt und Schwankungen ausgeglichen werden müssen. Der Strom muss jede einzelne Sekunde genau so viel liefern wie Verbraucht wird. Hat man genug Tonnenschwere Turbinen von Kohle-, Gas- oder Kernkraftwerke, dann können sie alleine durch die große Masse das Netz stabilisieren. Am 25.03.2015 kam es zu einer Schnellabschaltung vom Kernkraft Gundremmingen. 20 Minuten lang hat sich die über 100 Tonnen schwere Turbine noch weitergedreht und das Netz stabilisiert. Diese Energie würde aber fehlen, wenn wir alle konventionellen Kraftwerke abschalten. In Australien gab es regelmäßig Stromausfälle und eine Große Batterie von Tesla hat diese verhindert. Wenn man schon so viele Batterien in Fahrzeuge besitzt, wieso soll man dann große Speicher verwenden?
Wie ist der aktuelle Stand?
Aktuell (April 2024) sind ca 1,5 Mio Elektrofahrzeuge in Deutschland zugelassen. Würde man 10kWh (50km Reichweite) verzichten, dann hätte man die größte Batterie der Welt mit 15GWh. Damit könnte man Deutschland ca 15 Min versorgen. Besser als gar nichts, denn es wird von Jahr zu Jahr mehr.
Lebensdauer der Batterien
Nahezu alle Batterien in Elektroautos sind NMC / NCA Batterien. Werden sie aktiv gekühlt und im Winter gewärmt, dann sind 600-1000 Vollzyklen ohne Probleme drin. Das sind dann Laufleistungen von 300.000km. Würde man aber das Fahrzeug regelmäßig für V2G/V2H verwenden, dann würden diese Laufleistungen massiv abnehmen. Vor allem im Winter müsste man sie aktiv warm halten. Das würde den Wirkungsgrad massiv verringern.
Damit die Laufleistung nicht extrem abnimmt, limitiert z.B. Volkswagen die entnommene Energie durch V2G/V2H auf 10.000kWh pro Autoleben und zeigt diese auch an, wenn man das Auto wieder verkaufen will…
Tesla z.B. verbietet sogar ausdrücklich die Nutzung von V2H/V2G in den Garantie Bestimmungen.
Viele haben es gefeiert, dass der Cybertruck jetzt eine Steckdose hat. Mit anderen Worten auch einen Wechselrichter. Enphase hat sogar für USA eine Wallbox gebaut, die V2H kann. Naja, die Garantiebedingungen verhindern es…
Im Labor schaffen LFP Zellen (LiFePO4) durchaus 3000-5000 Vollzyklen. Elon Musk wirbt gerne damit, dass die Model 3 mit LFP Akku 1,6 Mio km (1 Mio Meilen) schaffen werden. Im Labor sicherlich machbar, aber Kälte mögen sie gar nicht und die große Frage ist, wie viele Vollzyklen das Laden unter 0°C “kosten”… Tesla selbst vergibt aber auf diese Batterien nur 160.000km an Garantien.
Bei BYD erlischt sogar die Garantie für Heimspeicher, wenn man sie unter -5°C betreibt.
Insofern muss man LFP Batterien mit Vorsicht genießen was hohe Vollzyklen angehen. Im 20°C warmen Keller ist das kein Problem, aber nicht bei Kälte…
Was brauche ich um es verwenden zu können?
Wie man sich denken kann, kann man nicht einfach eine 400V/800V Gleichstrom Batterie direkt an 230V Wechselstrom anschließen. Man braucht eine DC Wallbox mit integriertem Wechselrichter. Diese kosten aktuell 6000-8000€
Jetzt könnte man sagen: wenn die die Massenproduktion erreichen, dann kosten die nur noch 1000€. Nein, das wird nicht passieren. In so einer Wallbox ist ein Wechselrichter drin wie sie bei jeder PV Anlage benötigt wird und die kosten nach 25 Jahre Massenmarkt immer noch 1.500€ – 3000€ je nach Leistung. Unter 3000€ halte ich für nicht realistisch für eine DC Wallbox in ferner Zukunft.
Jetzt könnte man sagen: Im Auto ist ja schon ein Wechselrichter verbaut um aus Gleichstrom Wechselstrom umzuwandeln für den Motor. Die Renault Zoe hat tatsächlich den Wechselrichter des Motors Zweckentfremdet um sehr hohe AC Ladeleistung zu schaffen. Sehr zuverlässig hat das aber leider nicht funktioniert.
Kia und Hyundai verwenden den Inverter vom Motor um eine 230V Steckdose zu ermöglichen.
Denkbar wäre, dass man so einen Inverter etwas erweitert um auch einspeisen zu dürfen, also sämtliche Regeln des VDE unterstützt wie z.B. NA Schutz, Abschaltung bei 253V usw…
Solche Wallboxen kosten “nur” ca 2000€, kann mir aber gut vorstellen, dass die mal nur 1000€ kosten werden. So viel Magic ist in der Box nicht verbaut. Die ganze “Arbeit” macht ja das Auto. Aber das ist auch gleich das Problem. Es gibt kaum Fahrzeuge, die das wirklich können. Bei dieser AC Wallbox werden nur Volvo EX90 und Polestar 3 genannt.
Gesetze
Damit V2H / V2G überhaupt funktioniert, braucht man einen Bezugszähler im Sicherungskasten, damit die Wallbox / Auto / beides wissen, wie viel sie überhaupt einspeisen sollen / dürfen. Änderungen am Sicherungskasten (Einbau Bezugszähler) vornehmen zu dürfen, muss man einen Sicherungskasten haben, der alle aktuellen Gesetze und Vorgaben vom Netzbetreiber erfüllt. Häuser älteren Baujahr werden dann den Kasten umbauen lassen müssen und das kostet mehrere Tausend Eur. Hinzu kommt, dass unterschiedliche Länder unterschiedliche Gesetze haben, so dass der Hersteller der Wallbox oder Fahrzeug viel beachten müssen obwohl sie vielleicht nur wenige Fahrzeuge in diesen Land verkaufen und nur ein Bruchteil davon Bidirektionales Laden verwenden können / wollen. In Länder wie Frankreich mit Stromkosten von 11ct Nachts wird kein normaler Mensch auf die Idee kommen Geld zu investieren für V2H.
Wirtschaftlichkeit
V2H ist nur interessant in Länder mit hohen Stromkosten und viel PV. Kein Mensch wird Mehrkosten von mehreren tausend Eur auf sich nehmen bei sehr niedrigen Strompreisen. Wenn Deutschland alles auf Wind und PV setzen möchten, dann wird man nicht nur für die Speicherung und Glättung von Spitzen Batteriespeicher brauchen, sondern auch für Frequenzstabilisierung. Die Frage ist dann: machen wir es wie Australien, Kalifornien und Hawaii, die Großspeicher verwenden um das Problem zu lösen oder machen wir es mit V2G? Mit Subventionen kann man natürlich alle oben genannten Probleme abmildern. 1200€ gab es für Bidirektionale Wallboxen. Das wären 1,8Mrd € und könnte wie wir vorhin gelernt haben Deutschland 15Min lang versorgen. Von einer Windstillen Nacht brauchen wir gar nicht zu reden. Man kann das sich schönrechnen wie man will. Das wird nicht kommen. Zumindest nicht, wenn wir nicht wollen, dass unser Strompreis noch weiter massiv steigt…
Laternenparker
Viele haben keinen eigenen Parkplatz geschweige denn eine eigene Wallbox. Diese sind natürlich für V2G / V2H verloren. Wieso dann viele Studien und sogar bekannte Wissenschaftler diese mitzählen ist mir schleierhaft. Ich kann mir das nur mit Ideologie oder wenig Ahnung erklären. Das Einzige was man zählen darf sind Bidirektionale Wallboxen. Alles andere ist Augenwischerei. Viel Spaß beim Video – ich musste lachen 🙂 Das Video hat was von Prof. Lesch, der erklärt hat, dass 40Mio Fahrzeuge mit 350kW gleichzeitig laden…
Realität
Wer jetzt etwas mitgerechnet hat, der wird feststellen, dass von den 1,5 Mio zugelassener Elektroautos die auf der Straße sind, fast alle quasi Wertlos sind zur Netzstabilisierung. Es ist auch nicht wirklich absehbar, dass sich da in naher Zukunft was ändert. Länder mit viel Wasserkraft oder Kernkraft benötigen V2H / V2G nicht, da sie wenig volatile Einspeisung haben und beide haben sehr günstige Strompreise. Elektroauto Hersteller werden versuchen die Batterien günstiger zu bauen. Also Nickelreiche Batterien, was Tesla schon lange macht. Das geht aber auf die Lebensdauer. Man wird Laufleistungen von 200.000km akzeptieren. Bei Verbrenner mit Downsizing hat man das mittlerweile auch akzeptiert. Ein 3 Zylinder Peugeot Motor mit 1,2 Liter Hubraum wird keine 300.000 km fahren und das erwartet auch niemand.
Zukunft
Aus aktueller Sicht ist ein Erfolg nahezu ausgeschlossen. Was müsste sich ändern, damit es doch ein Erfolg wird?
Wenn man in Zukunft LFP Batterien verwendet, die nicht Kälteempfindlich sind, dann ist das Hauptproblem behoben. Mit Yttrium dotiert sind diese Zellen völlig Kälteunempfindlich. Aber auch deutlich teurer. Ob man das im Massenmarkt wieder drücken kann, weiß ich nicht.
Die Vorgaben vom VDE müssen deutlich verringert werden. Vor allem was die Pflicht angeht den Zählerschrank auf den neuesten Stand der Technik bringen zu müssen, wenn man Änderungen vornimmt. Das werden sie nicht machen, denn Elektriker verdienen damit Millionen.
Für V2G benötigt man ein standarisiertes Protokoll, damit die Wallboxen wissen, wie viel das Netz braucht um Stabil zu bleiben. Wenn man bedenkt, dass viele Länder Smart Meter schon seit Jahren eingeführt haben und Deutschland noch lange nicht, dann fällt mir schwer zu glauben, dass es in den nächsten Jahren dafür eine Einigung gibt.
Zu glauben das irgendwann mal Fahrzeuge die komplette Nacht, ganz Deutschland versorgen werden wie Prof. Quaschning behauptet ist Blödsinn. Nicht mal mit einem Wunder.
Die Zukunft heißt Großspeicher und so wird es schon erfolgreich auf Hawaii und Kalifornien praktiziert. Leider haben beide Bundesstaaten die höchsten Strompreise von USA. Die sind nicht nur ein bisschen höher, sondern 4 mal so hoch wie die günstigsten.
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