Ladelimit: 80% empfohlen für tägliches Fahren

Mit Firmwareversion 2023.26.7 wird bei manchen Tesla Modellen empfohlen nur noch bis 80% für tägliche Fahrten zu laden. Bei anderen nicht. Was hat das auf sich und wieso geht Tesla diesen Schritt?

NMC (Lithium-Nickel-Mangan-Cobalt-Oxide) und NCA (Lithium-Nickel-Cobalt-Aluminium-Oxid) Akkus verwenden unter anderem Nickel und Cobalt als Aktivmaterial auf der Pluspolseite. Je nach Zusammensetzung kann man z.B. mehr Nickel verwenden und dafür weniger Cobalt und umgekehrt. Cobalt ist ein umstrittener Rohstoff (Kinderarbeit in Republik Kongo) und teuer. Deswegen hat sich Tesla entschieden für das Model 3 und Y für eine Cobalt arme und gleichzeitig Nickel reiche Batterie zu verwenden. 2019 hat man überall die Schlagzeilen lesen können: “VWs Elektroauto-Batterien enthalten deutlich mehr Kobalt als Tesla-Akkus” Jetzt könnte man sich fragen: wieso ist VW so dumm?

Es ist kein Geheimnis, dass man den Kobalt Anteil verringern kann wenn man mehr Nickel verwendet. Aber was hat das für Auswirkungen? Nickel reiche Batterien haben den großen Vorteil, dass sie eine höhere Ladeschlussspannung haben. Homogene NCA Akkus haben eine maximale Ladeschlussspanung von 4.0V – mit mehr Nickel kommt man auf 4.2V und im Labor sogar 4.6V… Mehr Spannung bedeutet aber auch mehr Kapazität und vor allem höhere Ladegeschwindigkeit im unteren SOC Bereich, da man mit einer höheren Spannung laden kann. Da hat Tesla wohl die perfekte Batterie gebaut? Naja, das waren eben die Vorteile. Mehr Nickel hat aber auch Nachteile:

Bei 180°C geht so eine ni-rich Batterie thermisch durch und es findet eine Kettenreaktion statt. Ist die Batterie voll geladen, dann kann sie sogar bei 65°C durchgehen. Tesla hat das Problem mit einem Feuerhemmenden Schaum gelöst.

Das macht die Batterie viel schwieriger für den Recycling Prozess, aber nicht unmöglich. Nach 6 Jahren Model 3 kann man auch sagen, dass sie sogar extrem in der Statistik sind was Selbstentzündung angeht. Mir sind nur 3 Batterien aus den Medien bekannt.

Und der letzte Punkt ist ein vorzeitiges Altern. Dem hat Tesla offensichtlich mit den Firmwareupdate (etwas) entgegengewirkt. Damit sieht die Batterie die hohen Spannungen nicht mehr. Vermutlich ein Versuch die Batterien erfolgreich über die 8 Jahre Garantie zu bringen. Aber wie wir vorhin gelernt haben, wird die höhere Ladeschlussspannung beim Schnellladen verwendet um im unteren SOC Bereich einen höheren Spannungshub zu erreichen und damit gleichzeitig höhere Ladegeschwindigkeiten. Aktuell ist nichts bekannt, aber sollte herauskommen, dass diese Maßnahme nicht ausreichen wird um die meisten Batterien über die Garantiezeit zu bekommen, dann wird vermutlich auch die Ladeschlussspannung herabgesetzt und damit die Ladeleistung. Genau so wurden ältere S85 Batterien per Softwareupdate “kastriert” und können jetzt nur noch mit 80kW – 100kW geladen werden anstatt 120kW.

Hier ist eine Wissenschaftliche Studie über Nickel Reiche Batterien: https://link.springer.com/article/10.1007/s41918-019-00053-3

Wer ist betroffen?

Es sind auf jeden Fall alle Nickel reichen NCA Akkus von Tesla betroffen. Mit anderen Worten viele Model 3 und Model Y.

Tesla Model 3 SR+ Made in USA mit Panasonic Akku (NCA) – Empfehlung auf 80%

Model 3 SR+ die aus China kommen mit LFP (LiFePO4) Akku verwenden weder Nickel noch Cobalt und sind deswegen nicht betroffen.

Alte Model S sind davon nicht betroffen. Die gehören eher zu den homogenen NCA Akkus:

Tesla Model S75D 2018 mit NCA Akku made in USA – keine Empfehlung für 80%

Aktuelle Model S und X nach Baujahr 2021 haben eine sehr hohe Ladeleistung (250kW) und 460V Ladeschlussspannung. Diese wird mutmaßlich erreicht mit einem hohen Nickel Anteil.

Tesla Model X Plaid 2023 mit 80% Empfehlung

Laut einem Beitrag von Reddit, sind auch die bei uns noch nicht erhältlichen aber sehr hoch gehypte 4680er Batterien vom Model Y SR aus Texas / Austin betroffen. Insofern kann man ganz klar sagen, dass die 4680er eine sehr günstige Batterie ist und keine Wunderwaffe, wie viele das behaupten.

Fazit

Nickel reiche NCA Akkus haben eine vorzeitige Alterung. Wer denkt, dass er sein Tesla mit so einer Batterie 20 Jahre fahren wird, der kann sich davon eher verabschieden. Ob diese Akkus auch in der Ladegeschwindigkeit gedrosselt werden, bleibt abzuwarten. Das kommt vermutlich wirklich drauf an, wie erfolgreich diese 80% Maßnahme sein wird. Ich werde unser Model 3 nur noch auf 80% Laden und nur kurz vor längere Reisen auf 100%. Beim Supercharger werden wir versuchen nicht über 80% zu kommen.

Fragen

Muss man sich dran halten?
Nein, für die Garantie nicht. Für die Lebensdauer der Batterie aber schon.

Mein Model 3 hat schon 100.000km drauf und habe erst 8% Degradation obwohl ich immer auf 90% geladen habe. Das kann doch nicht so schlimm sein.
Degradation ist nur ein Punkt von vielen bei der “State of Health” betrachtung. Fast noch wichtiger ist z.B. der Innenwiderstand der Batterie. Der bestimmt, wie schnell ich laden kann, wie stark die Spannung einbricht, ob ich die Endgeschwindigkeit noch erreiche oder ob ich zuverlässig noch unter 10% fahren kann…
Ich habe im Keller eine 9 Jahre alte Gabelstaplerbatterie. Die hat heute noch 90% der Ursprungskapazität. Aber der Innenwiderstand ist so hoch, dass sie mir vor 7 Jahren als “defekt” verkauft wurde. Einen Gabelstapler kann man damit nicht mehr fahren. Für mein Haus ist sie aber perfekt.

Das sind doch alles nur Behauptungen. Gibts dafür eine Wissenschaftliche Quelle.
Ja klar, mit Nickel Reiche Batterien beschäftigen sich viele in der Forschung: https://link.springer.com/article/10.1007/s41918-019-00053-3

2 Gedanken zu „Ladelimit: 80% empfohlen für tägliches Fahren“

  1. Am SuC kann man ruhig auf die 90% gehen, man entleert ja gleich wieder den Akku. Dank telsalogger 😉 sehe ich ja auch wie oft oder lange das Fahrzeug einen hohen SoC hat und das ist sehr selten. Das war ja auch eine der Aussagen vom AkkuGuru. Ich vermeide seit beginn 100%, 93 war wohl mal das höchste, aber nur da es durch Temperatur oder Kalibrieren von 90 sprang.

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